danke das Du hier "mit offenen Visier" mal die Sicht von der anderen Seite erläuterst.
Es erklärt zwar so einiges aber es gibt ja noch eine 3. Seite. Wäre auch schön wenn mal jemand von Renault/Dacia etwas dazu sagen würde. Ich würde vermuten, dass Renault 66 Euro/Stunde (Netto) zahlt, da auf Garantiearbeiten nachvollziehbarerweise nicht die gleichen Umlagen zu kalkulieren sind und die 66 Euro als kostendeckend angesehen werden, was ich mir auch durchaus vorstellen kann. Wenn die Richtzeit mit 0,5 Stunden vorgegeben ist, dann wird es wohl auch in 0,5 Stunden gehen. Stellt sich also auch hier die Frage, warum es beim Vertragshändler so lange dauern soll...
Also erklärt die Sicht des Händlers zwar einiges, es bleibt aber offen, bei wem man sich nun beschweren darf...
ACHTUNG OT, ggfls einfach überscrollen:
Kann mich da auch mal zu äußern wie es so im Zusammenspiel Hersteller Autohaus läuft. Wäre schön wenn da wirklich kostendeckend gedacht wird, ist aber nicht so.
Bzgl Dacia/Renault kann ich nichts sagen, aber ich war Serviceberater und GF einer BMW Vertragswerkstatt und hab zuletzt nach Umzug 7 Jahre als Serviceleiter bei einem Mazda Vertragshändler gearbeitet, steckte also auch tief in dem Ganzen drin.
Jeder Hersteller geht mit dem Thema anders um, Stichwort eigener Anspruch bzgl. Produkten und Kundenzufrieden, hat aber auch teilwiese natürlich auch etwas mit Kapital und Marktposition zu tun. Ein Hersteller der richtig große Gewinne fährt und ein gutes Finanzpolster aufgebaut hat oder seine Lieferanten eng im Griff hat und jede Reklamation bis zum letzten auf den Schuldigen zurückführt und dem Belastet (BMW), wird in der Regel auch nicht soviel knausern wie eine kleinere Marke. Bei BMW war dies zB so, da ging alles schnell und kundenorientiert, der Händler hatte sogar ein eigenes Budget pro Fahrzeug wo er selbst sofort entscheiden konnte was ersetzt und oder repariert wird, diese Entscheidung wurde nicht hinterfragt sondern musste nur Nachvollziehbar (problemlösend) und die Dokumentation ordnungsgemäß erfolgte. Garantieanfragen wurden immer innerhalb maximal 24 Stunden bearbeitet, die große Mehrheit aber sogar automatisch oder auch persönlich in Minuten.
Hier muß auch der Stand in Deutschland betrachtet werden. Meist sind ja nicht die Hauptkonzerne in Deutschland selbst aktiv, sondern haben hier "selbstständige" Deutsche AGs oder GmbHs die auch selbstständig wirtschaften müssen. Renault Deutschland AG ist zB nicht der Gesamtkonzern, sondern nur die eigenständig wirtschaftende Firma die Renault in Deutschland vertritt und die kann und muß von Ihren Einnahmen ausgehen und kalkulieren. Bei Mazda war/ist das ein sehr großes Problem, da Mazda in Deutschland kaum Marktanteil und dementsprechend auch "relativ" wenig Einnahmen hat müssen die auch sehr sparen was Ausgaben angeht.
Dann musst Du die Garantieabteilung beim Hersteller als komplett abgetrennten Bereich ansehen, die bekommen vom Konzern ein fixes Budget für Garantie und Kulanzarbeiten, damit müssen sie und dementsprechend auch die Händler auskommen, wenn dies nicht reicht kannst Du dir die Diskussionen auf höchster Manager und CEO Ebene im Konzern vorstellen. Da Rollen teilweise Köpfe. Garantie und Kulanzlleistungen sind zum einen ja direkter Verlust und zusätzlich Imageschädigend, da diese im Geschäftsbericht seperat ausgewiesen werden müssen. Wie sieht das den aus wenn da rießen Summen stehen? Da könnte man ja denken, dass die Autos nichts taugen.
Dieses Budget ist leider fast immer der Bremsgrund bei Garantiearbeiten. Die GA (Garantieabteilung) des Herstellers versucht natürlich massiv die Kosten so gering wie möglich zu halten und gibt größere Reparaturen nur widerwillig und wenn es gar nicht anders geht frei. Diese Freigaben können durchaus auch mal eine Woche dauern, ist oft der Grund warum Fahrzeuge bei Garantiearbeiten Wochen in der Werkstatt verbringen. Diagnose -> Anfrage auf Freigabe oder technische Infos -> bei neuen Fahrzeugen und neuen Problemen wird dann oft tatsächlich noch die Technische Abteilung (Ingenieure) und teilweise die entsprechenden Abteilungen im Mutterkonzern eingeschaltet ... was das Ganze dann nochmal um Tage verzögert-> Rückmeldung -> weitere Diagnose - > Freigabe usw usw.
Generell werden Zeitvorgaben aber im Konzern an einem Neuwagen der schon auf der Bühne steht mit einem Mechaniker nebendran, der genau die Werkzeuge bereit liegen hat die er braucht und der die Reparatur auch schon mehrfach durchgeführt hat "gestoppt". Sprich umso neuer ein Fahrzeug umso geringer und nicht mehr ausreichend bei älteren Fahrzeugen fallen die Vorgaben aus. Fahrzeugannahme rein fahren und auf die Bühne nehmen und wieder unter und raus sowie auch Probefahrt werden eigentlich nie bezahlt. Genauso werden bei vielen Herstellen Diagnosearbeiten nicht oder maximal mit zB 30 oder 40 Minuten bezahlt, egal wie lange sie tatsächlich gedauert haben. Hast Du also ein komplexes oder halt erstmals auftretendes elektrisches Problem und musst aufwendig Kabel durchmessen legst Du als Händler eigentlich immer zeittechnisch drauf, da ja meist das FS Auslesen schon 15-20 Minuten dauern kann und dann haste ja noch lange nichts geprüft. Programmierarbeiten sind genauso. Da wird auch meist nur ein Fixbetrag bezahlt der nichts mit der wirklichen Dauer der Programierung zu tun hat. Bei Mazda zB bekommt man für ein Update des Infotainmentsystems (CMU) nur 20 Minuten bezahlt, aber das ganze dauert etwa 1,5 Stunden und alle 10 Minuten muß ein Mechaniker die Bremse treten damit das Fahrzeug aktiv bleibt. Begründung des Herstellers sind dann zB der Mechaniker kann ja zwischendrin immer etwas anderes machen. (Ja aber nichts gescheites, er muß ja ständig wieder zum Auto rennen, einmal ein paar Minuten zu spät und 1 Stunde war für die Katz) Solche Dinge sind ganz oft der Fall. Steuergeräte Update pro Steuergerät 20 Minuten egal wie lange der Rechner (online mit dem Hersteller verbunden) wirklich braucht.
Bei den Stundensätzen sieht es nicht anders aus, hier wird nicht wirklich auf Kostendeckung geachtet, die Stundensätze werden teilweise über Jahre nicht oder nur im Centbereich angepasst, steht in keinem Verhältnis. Gibt natürlich auch Hersteller die sich am tatsächlichen Stundensatz orientieren. BMW und Mazda sind da beide sehr Händlerfreundlich und zahlen sehr gut. Aber auf Grund der ganzen Vorgaben und Bürokratie drumrum ist der Aufwand viel höher und ich erhalte letztlich viel weniger als wenn ich einen Endkunden betreue. Untern strich verdienst Du als Händler nichts an Garantiearbeiten, Es ist nur im besten Fall wenn alle Rädchen im Autohaus gut funktionieren aufs ganze Jahr Kostendeckend. Hier gehts wirklich nur um Kundenzufriedenheit. Aber egal wie sehr sich dein Händler auch anstrengt kann es eben sein, dass er dir nicht so wie es sein sollte helfen kann, da er kein uzeitnahe Rückmeldung bekommt, bzw die notwendige Reparatur vom Hersteller erst mal nicht frei gegeben wird, da zB "noch an einer finalen Lösung gearbeitet wird". Da kommt dann oft der Spruch "Serienstand". Ein halbes Jahr später gibts dann auf einmal eine Reparaturanleitung usw.
Die Reduzierten Stundensätze werden oft damit begründet, dass zB ja die Fahrzeuge zum Händler gesteuert werden und hierdurch die Auslastung und Kundenbindung besser ist...
Bei Ersatzteilen ist es auch nicht anders, hier gibt es natürlich auch einen Garantiepreis, der meist gerade mal 10-15% über dem EK liegt, sprich hier wird auch nicht wirklich etwas verdient. Jeder der ein wenig von Kalkulation Ahnung hat wird sagen 10% sind als Handling anzusetzen. Zusätzlich werden dann gerne bei Teilen die sehr oft kaputt gehen Extrateilenummern (Nur für die Garantie!) vergeben und die Teile kosten auf einmal nur noch einen Bruchteil dessen was das normale Ersatzteil kostet (wird wahrscheinlich der EK des Konzerns sein). Bei BMW zB der Kettenspanner, normale UVP damals um die 140 netto, Garantiepreis knapp 8 Euro. Oder Turbolader statt 4200 Euro für den Turbolader plus 350 für Dichtsatz usw gibt ein Gesamtpaket welches nur 1200 Euro kostet. Oder es gibt dann auf einmal (Nur für die Garantiearbeiten!) Einzelteile welche sonst nicht erhältlich sind. ... Die Geschichte könnte man ewig weiter erzählen. Vorteil hier ist natürlich, die gesamten Garantieaufwendungen werden mal schnell 70% reduziert. Da der Händler dann quasi gar nichts mehr an den Teilen hat ist halt so.