Es gibt einmal die Realität, dass ist das, was passiert. Dann gibt es die ideale Welt, die man mitgestaltet, die man erwartet und die man sich subjektiv vorstellt. Die Krankenschwester bekommt in ihrer Ausbildung mit absoluter Sicherheit Arbeitsrecht beigebracht. In der Theorie also muss die Krankenschwester ihre 40Std die Woche machen, darf und kann Überstunden machen die entweder entlohnt, oder abgefeiert werden können. Dies ist beidseitig. Wenn permanent länger gearbeitet werden MUSS, muss jemand eingestellt werden um das zu kompensieren. Wieder Theorie.
Praktisch findet das nicht statt. Weswegen die Meisten (nicht alle) länger arbeiten, länger arbeiten müssen. Das ist momentan so bekannt. Jeder der sich (jetzt) dazu entschließt diesen Beruf auszuüben weiss das. Jeder der das 30-40 Jahre schon gemacht hat, weiss das evtl. nicht. Weil der das nie machen musste. Das nun zu verlangen, auch moralisch/ethisch (wenn DU es nicht machst, was sollen die Leute denn dann...)ist ein über Jahre und Jahrzehntelangen Sparkurs zu verdanken weil es nicht um Menschen geht, sondern um Fälle.
Zum klappern gehört auch nachher zu liefern. Wie will man denn vernünftig liefern wenn man unter ständigem Stress vom Patienten und seinem Vorgesetzten nicht mehr richtig funktionieren KANN?
Ich finde das Beispiel des Arztes perfekt, denn es zeigt genau unsere wertende Doppelmoral auf. Das Autohaus kann mir ein möglicherweise kaputtes Auto verkaufen. Also eine möglicherweise fehlerhafte Ware, obwohl er das WEISS. Während der Arzt, der unbezahlt lieber zu hause bleibt als seine Leistung zu verschenken moralisch/ethisch als Schmarotzer dasteht, der das doch alles nur für Geld macht. Na klar macht der das nur für Geld. Der Arzt ist wenigstens ehrlich. Der macht keinen Pfusch oder stempelt die Leute einfach nacheinander ab, der sagt: Das jetzige System benachteiligt mich für meine Arbeit, also leiste ich auch keine.
Als leitender Angestellter ist es z.B. ganz normal dass man ein "Pauschalgehalt" bekommt. Da kann man keine Überstunden aufschreiben und macht sie trotzdem weil es dazu gehört.
Richtig. Kann auch jeder diese unbezahlten Überstunden machen. Sind wir dann bei: "klappern gehört zum Handwerk". Dann hast du am Ende unter Mindestlohn, weil du Stunden machst die nirgendwo auftauchen. Muss man wissen? Muss man machen? Nö, muss man nicht. Konsequenz Drohung zur Kündigung? Ok, dann geh ich eben. 2 Leute einstellen. Nicht einen mit 60 Stunden. 2 fähige Leute mit 30 Stunden. Aber das ist dann zu teuer. Das kann man sich nicht erlauben. Muss sofort alles zugesperrt werden. Das bedeutet nur, dass sämtliche Gesetze, an die wir uns ja so penibel halten SOLLEN, uns nur in der eigenen Freiheit beschränken. Wenn sie uns nicht passen werden sie einfach gebrochen. Dann kann jemand 50-60h arbeiten und eben ein quasi defektes Auto verkauft werden. Das ist, wie oben beschrieben, die Realität. Dieser Realität kann man sich beugen und immer tiefer beugen. Man kann dagegen ankämpfen (manchmal mit Erfolg, zunehmend mit weniger Erfolg) und in Kauf nehmen, irgendwann nicht mehr richtig dazu zu gehören. Dann ist das eben so. Wenn in letzter Konsequenz nur ducken und nicken steht oder der "Asoziale" Arzt, ich würd der asoziale Arzt sein.
Und von Freiberuflern und Selbständigen und deren Zeitaufwand für den Beruf will ich gar nicht reden.
Ich weiss. Und ist auch der Grund, warum es einen Haufen Arbeitslose gibt und gleichzeitig immer länger gearbeitet werden muss. Da müsste es mal eine Schattenstatistik zu geben. Mindestlohn, maximale Arbeitszeit, alles für die Schüssel. Am Ende ist es doch mehr. Ja bitte, mehr, weniger Leistung, weniger Rechte, ich möchte mich verwirklichen, in der Arbeit, nirgendwo sonst. (übertrieben)
Schöne neue Welt.